Ein schöner Radweg muss nicht unbedingt große Distanzen überwinden. Der Lahn Radweg erstreckt sich über etwas mehr als 200 Kilometer und gilt als echter Klassiker. Der Fluss beginnt im Rothaargebirge, schlängelt sich unter anderem zwischen Taunus und Westerwald entlang und führt an einer Reihe sehenswerter Städte vorbei. Den Anfang markiert die Lahnquelle, die sich auf rund 600 Metern Höhe am Lahnkopf befindet.
Der Lahnkopf mit Lahnquelle gehört bereits zu Netphen. Der Auftakt zum Lahn Radweg könnte nicht passender gewählt werden, denn schließlich befindet sich direkt an der Quelle ein ehemaliges Forsthaus, das heute als Hotel und Restaurant genutzt wird. Wer möchte, schöpft ein wenig Wasser aus dem „Lahntopf“ genannten Quellteich. In Netphen selbst lohnt sich dann bereits die erste Rast. Sehenswert sind sowohl die Martinikirche aus der Epoche der Romanik als auch die Wassermühle im Stadtteil Nenkersdorf.
Nicht weit von Netphen taucht man in eine märchenhaft - mittelalterliche Welt ein. Gemeint ist der mittelalterliche Stadtkern von Bad Laasphe, der fast vollständig erhalten ist. Manche Gebäude stammen noch aus dem 13. Jahrhundert und Fachwerk dominiert die Architektur. Fahrradfahrer sollten jedoch besser schieben, denn schließlich bildet durchgehendes Kopfsteinpflaster den Straßenbelag. Über Bad Laasphe thront Schloss Wittgenstein, ein gigantischer Bau mit Elementen aus Renaissance und Barock.
Während die ersten Kilometer auf dem Lahnradweg durch Nordrhein - Westfalen führten, beginnt kurz vor Biedenkopf das Bundesland Hessen. Noch radelt man durch das Obere Lahntal und noch ist der Fluss nicht allzu breit. Auch Biedenkopf ist eine klassische Fachwerkstadt, an deren Häusern es viele Details zu bestaunen gibt. Wer im frühen Herbst unterwegs ist, sollte unbedingt am traditionellen Kartoffelbraten teilnehmen.
Bislang bahnte sich die Lahn ihren Weg durch verschiedene Mittelgebirge. Im Marburg Gießener Lahntal vereint sich der Fluss mit der Ohm und in Richtung Gießen wird das Tal immer weiter, was durch den Namen „Gießener Becken“ dokumentiert wird. Zuvor lockt aber ein Stadtbummel durch die malerische Universitätsstadt Marburg. In der historischen Altstadt herrscht tags wie nachts buntes Treiben, was vor allem an den vielen Studenten liegt. Die Marburger Elisabethkirche ist der älteste gotische Bau Deutschlands und galt als Vorbild für den Kölner Dom. Ebenfalls sehenswert ist das Marburger Schloss. In dessen Schlosspark finden im Sommer immer wieder Open-Air-Kinovorführungen statt.
Hinter Marburg führt der Lahnradweg gleich nach Gießen und damit in die nächste größere Stadt. Bislang war die Fließrichtung zunächst Osten, dann Süden und ab Gießen schwenkt der Fluss dann in Richtung Westen, immer dem Rhein zu. Auch Gießen ist ein alter Universitätsstandort. Die Stadt hat allerdings stark unter den Bombadierungen des Zweiten Weltkriegs gelitten und präsentiert sich daher eher mit Nachkriegs- und moderner Architektur. Kurz hinter Gießen lässt sich dann ein echter Sandstrand genießen. Die Rede ist vom Dutenhofener See, der gleichzeitig den Kilometer 0 der Lahn markiert.
In Lahnau lässt sich dann eine regelrechte Zeitreise unternehmen. Das dortige Freilichtmuseum zeigt die ältesten Steinfundamente Deutschlands. Ehemals befand sich hier ein römisches Feldlager, das bereits in der vorchristlichen Zeit existierte. Ein beliebtes Fotomotiv sind die Überreste einer lebensgroße Bronzestatue, die Kaiser Augustus auf einem Pferd zeigte.
In Wetzlar stellt die Altstadt mitsamt des Doms einen der Höhepunkte entlang des Lahn Radwegs dar. Die zahlreichen Gassen und kleinen Plätze wirken wie eine Terrasse, die sich in Richtung Lahnufer neigt. Selbstverständlich führt der Lahn Radweg auch über die berühmte steinerne Alte Lahnbrücke aus dem 13. Jahrhundert. Kaum eine andere Brücke in Hessen ist so alt und gleichzeitig so gut erhalten. Kurz hinter der Lahnbrücke vereint sich die Lahn mit der Dill. Dahinter erstreckt sich der Lahn Radweg über das Weilburger Lahntalgebiet, das merklich enger ausfällt als die vorherige Landschaft.
Weilburg selbst, wird vom gleichnamigen Schloss überstrahlt. Neben der Geschichte der Stadt, lässt sich hier auch ein Bergbaumuseum bestaunen, das einen 200 Meter langen begehbaren Stollen beinhaltet. Ungewöhnlich ist die Sammlung von Werken chinesischer Papierschnittkunst, die außerhalb des „Reichs der Mitte“ einzigartig ist. Die sehenswerten Gebäude in der Innenstadt wurden zeitgleich mit dem Umbau des Schlosses errichtet und stammen demnach aus der Zeit der Renaissance und des Barocks. Leider nicht Teil vom Lahn Radweg aber unbedingt sehenswert sind die Weilburger Tunnel. Eisenbahn, Straße und vor allem die Schiffahrt haben jeweils eine eigenen Röhre erhalten. Geologisch sind die vielen Mineralquellen zu erwähnen, die aus den Bergen brechen. Das berühmte Selterswasser ist nur ein besonders bekanntes Beispiel für die besondere Heilkraft der Region.
Auch Runkel wartet mit einem Schloss und Resten einer mittelalterlichen Burg auf. Der Ort wurde beidseitig der Lahn gebaut und fällt durch seine steil ansteigenden Straßen auf. Vor und hinter Runkel führt der Lahn Radweg durch malerische Auen mit dichtem Baumbestand.
Limburg ist die letzte hessische Stadt auf dem Radweg. Der Limburger Dom ist eines der bekannteste Bauwerke Deutschlands, was vor allem am weitgehend erhaltenen Innenraum aus dem 13. Jahrhundert liegt. Auch die Lahnbrücke blickt in Limburg auf satte sechs Jahrhunderte zurück und die Altstadt erfreut insbesondere Fachwerkfreunde. Mit dem „Römer 2-4-6“ wartet zudem das älteste freistehende Haus Deutschlands auf Besucher.
Nassau in Rheinland Pfalz ist in erster Linie durch die gleichnamigen Burg bekannt. Der wehrhafte Turm bildet bis heute einen weithin sichtbaren Blickanker. Mittlerweile ist der Radweg im unteren Lahntal und damit auf der „Zielgeraden“ angekommen. Von einer echten Gerade lässt sich angesichts des kurvenreichen Verlaufs jedoch beileibe nicht sprechen.
Kurz vor der Mündung der Lahn in den Rhein bildet Bad Ems die vorletzte Station. Die mondänen Kurgebäude säumen das Ufer des Flusses und laden zum Verweilen ein. In den Kolonnaden haben Cafés und Restaurants ihre Tische und Stühle aufgebaut und wer möchte, riskiert ein Spielchen in der Spielbank, die bereits 1720 erstmals ihren Betrieb aufnahm. Zu den Kurgästen der Vergangenheit zählten bereits gekrönte Häupter wie König Wilhelm I., Zar Alexander II. aber auch die Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe, Nikolai Gogol und Fjodor Dostojewski oder die Komponisten Richard Wagner und Jacques Offenbach.
In Lahnstein endet der Lahn Radweg. Wenige Kilometer südlich von Koblenz taucht man tief in die Rheinromantik mit ihren zahlreichen Burgen ein. Lahnstein eignet sich wunderbar, um die Radtour entweder rheinaufwärts auf dem Rhein Radweg in Richtung Bonn oder rheinabwärts zur Loreley und weiter nach Mainz fortzusetzen. Wer genug geradelt ist, kann im berühmten Wirtshaus an der Lahn einen Schluck Rheinwein genießen und die einzelnen Stationen noch einmal Revue passieren lassen.